Die Riesenbecker SixDays 2016 ein Dejavu von 2008 Oder ruhig angehen Teil 2

Bericht von Karsten

Irgendwie ist das schon seltsam, im Mai 2008 saß ich auch am Rechner und grübelte über die Erlebnisse bei den SixDays. Heute sitze ich wieder vor dem Rechner und lasse die SixDays 2016 Revue passieren. Die Voraussetzungen 2016 zu 2008 waren aber anders. Im Jahre 2008 waren es meine ersten SixDays und ich wusste damals nicht was mich erwarten würde. Also war die Überschrift „Ruhig Angehen“ damals schnell gefunden. Dieses Mal war ich Wiederholungstäter.

In den letzten Tagen vor der ersten Etappe machte sich die Nervosität wieder breit, genau wie vor 8 Jahren. Die üblichen Fragen wurden gestellt: Hab ich genug trainiert? Wie gehe ich die Etappen an? Und eine neue Frage kam hinzu: Mache ich dieselben Fehler wie vor 8 Jahren? Also ein Plan musste her. Bergläufe hatte ich so gut wie keine absolviert, im Gegensatz zu meinen ersten SixDays. Schöppinger Berg und Buchenberg etc. habe ich im Training gemieden andres wie meine startenden Vereinskollegen/innen Tom Köhler, Ute Erdenberger, Jürgen Menzel, Hendrik Franke, Rainer Hüwe, Hans-Bernd Beckmann, Günther Giehler, Andreas Thiemann, Bernd Schulze-Lutum, Peter Willner, Matthias Gerdes, Michael Fehmer, Petra Stöppler, Frank Dite, Michael Stenzel, Andreas Kamer und Matthias Seuter. Der Plan im Training war Grundlagenausdauer (Laufen und Rad) und die ersten Etappen „Ruhig Angehen“ und nicht „Überzocken“. Die erste Etappe am Samstag, den 30.04.2016, führte von Riesenbeck nach Ibbenbüren und das Wetter war anfangs mit dem Regen ein wenig bescheiden,  wurde aber zum Ende der ersten Etappe immer besser.

Ich hielt mich Dank eines Arbeitskollegen (Ersttäter SixDays), der mich gebeten hatte, ihn auf der ersten Etappe zu begleiten, an meinen Plan „Ruhig Angehen und nicht Überzocken“. Diese Etappe ist zum größten Teil eine Flachetappe und führt nur im letzten Viertel einmal über den Teutoburger Wald. Viele Passagen kamen mir bekannt vor, bis auf eine Änderung der Strecke nach der Kanalüberquerung bei Dörenthe. Der neue Streckenverlauf führte direkt auf der anderen Kanalseite wieder zurück nach Dörenthe. Nach der Durchquerung von Dörenthe kam das erste Kriterium, der erste und einzige Anstieg. Kurz vor dem ersten Anstieg stand Elke Strakeljahn als Fotografin und hat super Serien von fast allen Marathonis geschossen, für mich natürlich ein besonderer Ansporn gut auszusehen. Der Zieleinlauf in Ibbenbüren ist schon etwas Besonderes und wurde auch von vielen Zuschauern verfolgt. Alle Starter von Marathon Steinfurt waren gut ins Ziel gekommen und voll motiviert für die kommenden Tage.

Erster Mai bedeutet auch gleichzeitig die zweite Etappe. Die „Königsetappe“ so bezeichnet der Organisator Michael Brinkmann in seiner täglichen „Busansprache“ diese Etappe. Und diesen Begriff hat diese Etappe auch wahrlich verdient. Start ist in Ibbenbüren und führt nach ca. 3 km zum „Hockenden Weib“ hoch, den ersten Anstieg an diesem Tag. Von dort führt die Strecke wieder den Hermannsweg runter und um das Hockende Weib herum zur Südseite des Teutohangs. Diesen welligen Weg läuft man bis nach Brochterbeck und hier kommt am Teutoburger Waldhotel der nächste lange und steile Anstieg. Hier gelten vor allem Steffi und Kyra Thiemann besonderen Dank für die Fotos und aufmunternden Anfeuerungen. Oben angekommen verläuft die Strecke in Wellen und über schmalen Wegen nach Tecklenburg. Dort angekommen, geht es den „Hexenpfad“ einen steilabwärts führenden mit Stufen versehen „Trampelpfad“ hinunter Richtung Königsteiche bevor es wieder durch das Himmelreich wieder nach Tecklenburg hochgeht. Aber wer nun denkt, dass wäre die letzte Steigung gewesen, der hat sich getäuscht. Aus dem Himmelreich geht es an der Jugendherberge vorbei Richtung Zieleinlauf. Und nun die spannende Frage, wie habe ich diese Etappe absolviert. Vor 8 Jahren lief ich diese Etappe mit Daniel Marx zusammen. Das Wetter 2008 war ein strahlender sonniger Sonntag und ich fühlte mich am Ende der Etappe so gut, dass ich das Himmelreich und die Jugendherberge mehr oder weniger gestürmt habe. 2016 war das Wetter genauso schön wie 2008 also wieder ein Dejavu. Mit Jürgen Menzel bin ich die Etappe gelaufen und wir beide haben uns sehr gut ergänzt. Der Unterschied zu 2008 wir sind auch gemeinsam ins Ziel gelaufen. Es sollte sich auf den nächsten Etappen als ein gutes Teamwork und auch ein richtige Entscheidung erweisen. Im Übrigen ist der Zieleinlauf unbeschreiblich. Man läuft die letzten 500m durch die malerischen Fachwerkgassen von Tecklenburg gespickt mit anfeuernden Zuschauern. Dieser Zieleinlauf wurde wiederum von meiner Frau mit schönen Fotoserien festgehalten.

Tag 3 oder der Tag nach der Königsetappe kann man auch als Tag der Wahrheit benennen. Im Jahr 2008 kann ich mich noch sehr gut an die Regenschlacht von Tecklenburg nach Mettingen erinnern und auch an den Tag des Leidens. Denn 2008 habe ich auf dieser Etappe mein persönliches Waterloo erlebt. An diesem Tag lief rein gar nichts außer dem Wasser vom Himmel und von den Anstiegen. Und 2016?? Man lernt aus seinen Fehlern. Und das Wetter war auch perfekt. Strahlend blauer Himmel und angenehme Temperaturen. Auch diese Etappe bestritten Jürgen Menzel und ich gemeinsam. Wir starteten ziemlich weit hinten, was sich natürlich direkt nach dem Ortsausgangsschild von Tecklenburg als Fehler entpuppte, da es hier in einen kleinen Trampelpfad geht, der nach Ledde herunterführt und nur jeweils ein Läufer hinter dem anderen laufen kann. Nachdem diese markante Stelle passiert war, kamen Jürgen und ich immer besser in Tritt und begannen das Feld von hinten auf zu rollen. Anfangs versuchte Rainer Hüwe noch mit zu laufen, musste dann allerdings ab der Adlerstiege abreißen lassen. Nachdem wir beide dann den letzten Anstieg in der Siedlung bewältigt hatten, nahmen wir beide immer mehr Fahrt auf und sammelten auf den Weg nach Mettingen noch Günther Giehler und auch Hendrik Franke ein. Hendrik rief uns beim Laufen noch zu: „ Nee, Jungs heute lauft ihr mir nicht davon. Ich bleib bei euch.“ Nun ja einen Kilometer hat er es wahr gemacht, aber dann war anscheinend unser Tempo zu hoch bei der bergab Passage nach Mettingen und er kam  18 Sekunden nach uns ins Ziel. Fazit dritte Etappe: 2008 verregnet und läuferisch ein Desaster. 2016 sonnig und ein phantastischer Lauf.

Die dritte Etappe war bewältigt und es war Bergfest. Bisher war in jedem Start- und Zielort eine tolle Zuschauerresonanz und auch Stimmung. Die vierte Etappe war einer Sportlerin gewidmet, die vor zwei Jahren tragisch auf der dritten Etappe verstorben ist. In Gedenken an dieses Ereignis wurde die vierte Etappe nach Karine benannt. Daher war auch die Start und Ziel-Stimmung etwas anders als die drei Tage zuvor, sehr emotional und würdig. Die Strecke führte von Mettingen nach Dickenberg. Kurz nach dem Start ging es gleich einen ersten steileren Anstieg in eine Wohnsiedlung hoch, danach durchlief man einige Täler mit kleinen Anstiegen bis man zur eigentlichen Hauptattraktion der Strecke kommt: Der Wand!! Eine Passage mit 35% Steigung! Ja hier bei uns gibt es solch ein steiles Stück! Der Rest der Strecke ist landschaftlich ein schönes Stück Teutoburger Wald mit sehr schönen Waldwegen. Bei wiederholt sonnigen Wetter starteten wir in Mettingen. Jürgen hatte zuvor signalisiert heute etwas langsamer zu laufen. Das taten wir auch. Alles lief wie nach Plan bis auf die letzten drei Kilometer. Hier setzte der Kopf bei mir ein, als wir auf eine lange asphaltierte Straße liefen. Es ging nicht mehr schneller, so ließ ich dieses Mal Jürgen ziehen. Nun liest es sich als wenn Jürgen und ich nur alleine unterwegs waren, aber das ist nicht korrekt. Zwischenzeitlich war Matthias Seuter krankheitsbedingt ausgestiegen und Andreas Kamer konnte aufgrund der beruflichen Situation nicht mehr weiter teilnehmen. Diese beiden Ausfälle waren schon sehr bedauerlich zumal Matthias in der AK-Wertung und auch in der Gesamtwertung gar nicht mal so schlecht lag. Dafür gab es jetzt ein schönes Vereinsinternes Battle zwischen Tom Köhler und Matthias Gerdes. Beide lagen von den Zeiten her in unmittelbarer Nähe. Beide pushten sich auf, um den anderen zeitlich noch nieder zu ringen. Aber das war nicht nur das einzige Battle: Petra Stöppler führte bis zur dritten Etappe kontrolliert ihre AK W50. Aber in dieser vierten Etappe machten ihre zwei Mitstreiterinnen auf den Plätzen 2 und 3 der AK W50 enormen Druck. Am Ende sagte Petra nur noch: „Was ist bloß in die beiden gefahren.“  Ute Erdenberger, Andreas Thiemann, Andreas Dite, Hendrik Franke, Rainer Hüwe, Michael Stenzel, Peter Willner sowie Bernd Schulze-Lutum, Günther Giehler und Hans-Bernd Beckmann kamen alle ins Ziel der vierten Etappe.  Apropos das hätte ich fast vergessen: Einen recht herzlichen Dank an Manni Hinz, der plötzlich an der Strecke stand, Fotos machte und uns anfeuerte. Und vor 8 Jahren also 2006 war diese Etappe der Grundstein zum Finish. Auch diesmal sollte dies der Grundstein sein. Trotzdem lagen noch die zwei längsten Etappen vor uns.

Der 5. Tag war wieder ein super schöner sonniger Tag. Diesmal ging es von Dickenberg Richtung Ibbenbüren. Das hört sich erstmal unspektakulär an, ist es aber nicht. Der Weg führte erstmal von Dickenberg und auch Ibbenbüren weg Richtung Steinbeck um einen Steinbruch herum bis wir wieder in Dickenberg ankamen. Da hatten wir so ca. 8 bis 9 km zurückgelegt. Und wie sich das für die SixDays gehört ging es nach dieser Schleife um Dickenberg wieder hoch nach Dickenberg über Treppenstufen sowie durch Tunnelunterführungen an der Kirche vorbei. Es ging die ganze Zeit bergauf und bergab. Und es lief bei Jürgen und mir ganz gut. Schnell waren wir oben an der Zeche und die alte „B65“ wurde überquert. Dann ging es noch einmal runter und den Weg mit den alten Bruchsteintreppen wieder rauf. Danach ging es über verwurzelte Waldwege bis zur „Alpenstraße“. Bis dahin lief alles wie am Schnürchen. Kurz vor der Alpenstraße, also knapp 2,5 km vor dem Ziel, meinte Jürgen dringend das Gebüsch aufsuchen zu müssen. Ich dachte nur, jetzt wo es bergab geht, das darf doch nicht wahr sein. Aber Jürgen gab mir das Signal: Lauf weiter. Und ich lief weiter, und dann erinnerte ich mich an 2008 und rannte wie der Teufel die Alpenstraße runter. Genauso wie damals leichtes Gefälle und voll Speed. Die Mitläufer flogen nur so an mir vorbei, einer von ihnen war Rainer Hüwe. Unten am Kletterwald angekommen gab es zu 2008 eine veränderte Strecke. Ziel war nicht mehr im Stadion, sondern beim Segelclub am Aasee. Also über die Brücke vom Aaseelauf und dann Richtung Ziel. Das war schon ein toller Zieleinlauf gesäumt von langen Zuschauerspalieren. Das hat richtig Spass gemacht. Alle verbliebenen Marathonis kamen ins Ziel und freuten sich auf die folgende Schlussetappe. Ach ja das Duell Tom versus Matthias stand nach der 5ten Etappe unentschieden. Beide hatten bis dato dieselbe Gesamtzeit. Das konnte dann ja ein tolles Battle auf der sechsten Etappe werden. Und Petra? Sie verteidigte souverän ihren ersten Platz in der AK W50. Die Chancen, dass ein Marathoni auf dem Treppchen landete, waren daher schon sehr groß. Aber nun mein Fazit: 2008 war es am Ende auch eine schnelle Etappe, aber mit einer Schlussrunde im Stadion, die nie enden wollte. 2016 das war ein Zieleinlauf nach meinem Geschmack.

Endlich war sie da: die Schlussetappe. Von Ibbenbüren über den Teuto zur Millionenbrücke, dann weiter zum Nassen Dreieck, durch Bevergern und hin zum Schloß Surenburg, bevor es dann auf die letzten drei Kilometer bis zum Ziel in Riesenbeck ging. Am Start merkte man schon allen Teilnehmern die Vorfreude auf das Finish an und so gingen die ersten 5 flachen Kilometer Richtung Kloster Gravenhorst auch sehr entspannt los. Der Ernst begann mit dem ersten Anstieg parallel zur Autobahnabfahrt Ibbenbüren-West. Ein Teilstück des Klippenlaufs. Oben angekommen ging es über Waldwege rauf und runter zum Riesenbecker Postweg. Das Ziel konnte man schon riechen. Aber unten angekommen ging es gleich wieder hoch um auf der anderen Seite wieder bergab zu müssen. Danke an Martina und Michael Stienemann für das tolle Anfeuern. Das hilft wirklich. Und dann war endlich das 10 km Schild in Sicht. Die letzten Kilometer sind ausgewiesen. Das Erreichen der Millionenbrücke kann man schon im Wald hören. Die Zuschauer geben hier nochmal alles für uns Läufer. Da kommt dann schon Gänsehaut auf. Meine Frau stand wieder mit der Kamera dort und hat von jeden Marathoni eine Serie geschossen. Nur noch 8 km die kleine Runde durch Bevergern flog nur so hin. Aber was war das, plötzlich tauchte vor Jürgen und mir der Schatten von Matthias Gerdes auf. Das konnte nicht sein, hatten wir uns getäuscht? Nein es war wirklich Matthias, der uns später berichtete, dass sein Kopf gestreikt hat und er gehen musste bis kurz vorm Ziel. Von Tom war da nichts zu sehen. Also war das Battle Tom versus Matthias zu Gunsten von Tom entschieden. Und was war mit Jürgen und mir? An der vorletzten Verpflegungsstation in Bevergern fühlten sich meine Beine wie Flügel an und ich stürmte los. Jürgen rief noch hinter mir her, ich sollte nicht auf ihn warten. Da waren es noch knapp 6,5 km bis zum Ziel. Die vor mir liegenden Läufer spornten mich immer mehr an. Auf der Allee zum Schloß Surenburg feuerten mich nochmal Martina und Michael an. Dann war schon Riesenbeck in Sicht und ich wusste gleich kommt noch dieser Karnickelhügel durch das Wohngebiet. 2008 konnte ich mich daran erinnern, dass diese kleine Steigung kurz vor dem Ziel noch schmerzhaft war. 2016 merkte ich gar nichts mehr von diesem „Hügel“, ich glaube da ist jetzt noch von meinen Sturmlauf die Strasse nach innen gewölbt. Oben angekommen geht es nur noch die Hauptstrasse runter. Hier sind schon etliche Zuschauer, die einen anfeuern. Dann kommt die letzte Linkskurve zum Ziel und man läuft in ein Spalier aus Menschenmassen. Ich registrierte kurz Willi und Mechthild Hüsken (Entschuldigung an alle anderen Supporter von Marathon Steinfurt, wenn ich euch nicht erkannt habe, aber dieser „Tunnelblick“ ist einfach nicht auszuschalten). Dann noch die letzte Rechtskurve und da taucht er dann auf, der heißersehnte Zielbogen und die Stimme von Michael Brinkmann, der jeden Finisher bei Namen nennt. Dieser Moment ist einfach genial und unbeschreiblich. Im Ziel wartete ich dann auf Jürgen, der kurze Zeit nach mir über die Ziellinie kam. Ich dankte ihm für die gemeinsamen Tage und beglückwünschte all unsere Finisher: Michael Fehmer, Petra Stöppler, Ute Erdenberger, Andreas Thiemann, Rainer Hüwe, Hendrik Franke, Jürgen Menzel, Tom Köhler, Matthias Gerdes, Günther Giehler, Hans-Bernd Beckmann, Bernd Schulze-Lutum, Michael Stenzel.